Patricia Lee „Patti“ Smith (* 30. Dezember 1946 in Chicago, Illinois, USA) ist eine US-amerikanische Lyrikerin, Punk- und Rockmusikerin, Singer-Songwriterin, Fotografin und Malerin. Sie gilt als „Godmother of Punk“.

Biografie

Patti Smith stammt aus einem ärmeren Elternhaus mit religiöser Nähe zu den Zeugen Jehovas. Sie beendete mit sechzehn Jahren ihre Schulausbildung und begann danach in einer Fabrik zu arbeiten. Im Alter von achtzehn Jahren brachte Patti Smith eine Tochter zur Welt, die sie zur Adoption freigab. Sie zog nach New York City, lernte dort im Sommer 1967 den Künstler und später als Fotografen berühmt gewordenen Robert Mapplethorpe kennen und lebte mehrere Jahre mit ihm zusammen. Von ihm stammen zahlreiche Fotografien, die teilweise für ihre späteren Plattencover verwendet wurden.

1969 begann sie, ihre von der Beat Generation beeinflusste Poesie in Zeitschriften wie Rock und Creem zu veröffentlichen. Reisen führten sie nach Frankreich, wo sie u. a. die Grabstätten ihrer Idole Jim Morrison und Arthur Rimbaud besuchte. Ihre Freundschaft mit Lenny Kaye, Sam Shepard, Todd Rundgren und Tom Verlaine (damals bei der Proto-Punk-Gruppe Television) ermutigte sie 1974 zu ihrer ersten Single, Hey Joe, in der Patti Smith die damals gerade aktuelle Entführung von Patty Hearst, der Enkelin des Zeitungsmagnaten William Randolph Hearst, verarbeitete. Nach eigenen Aussagen war für sie das Singen vor allem eine Möglichkeit, ihre Gedichte vorzutragen, sie sei „zufällig“ in der Musik gelandet. Sie selber sieht sich in erster Linie als Lyrikerin und schreibt täglich diszipliniert.

Schon Ende der 1960er Jahre hatte sie auch enge Verbindung zu Rockmusikern geknüpft, vor allem zur New Yorker Avant Garde-Hardrockband Blue Öyster Cult. Mit deren Keyboarder Allen Lanier war sie von 1971 bis 1978 liiert und wohnte mit ihm in Manhattan in der Fifth Avenue. Sie lieferte über Jahre Texte für Songs der Gruppe, darunter „Baby Ice Dog“, „Career of Evil“, „The Revenge of Vera Gemini“ (bei dem sie rezitiert und singt), „Debbie Denise“, „Fire of Unknown Origin“ und „Shooting Shark“.

1975 erschien Horses, die erste LP der späteren Patti Smith Group mit Lenny Kaye, Ivan Král, Richard Sohl und Jay Dee Daugherty. Die Band wurde Vorläufer und Vorbild der englischen und amerikanischen Punk- und New-Wave-Bewegung. Patti Smith etablierte sich zudem als Ikone der neuen Frauenbewegung.

Die frei assoziierende Lyrik, die Patti Smith halb atemlos, halb synkopisch über nur scheinbar primitive Rockakkorde legte, gab ihren Songs und auch den von ihr gewählten Coverversionen (Gloria von Them, My Generation von The Who) einen aufbegehrenden und nervösen Reiz.

1976 folgte das Album Radio Ethiopia. 1977 brach sich Smith bei einem schweren Unfall auf der Bühne zwei Rückenwirbel und musste einige Zeit aussetzen. Im Jahr darauf veröffentlichte sie mit Easter ihr einziges Album, das auch kommerziell ein Erfolg wurde. Die daraus ausgekoppelte Single Because The Night stammt aus einer Zusammenarbeit mit Bruce Springsteen und erreichte in Großbritannien Platz 5. 1979 erschien mit Wave ihre für lange Zeit letzte LP.

In den 1980er-Jahren lebte sie mit ihrem Mann, dem Gitarristen Fred „Sonic“ Smith (MC5) und ihren zwei weiteren Kindern zurückgezogen in Detroit und arbeitete auch als Buchhändlerin. Ein Comeback-Anlauf mit dem Album Dream of Life (1988) wurde durch den Tod Richard Sohls (1990) und ihres Mannes (1994) gebremst. Sie kehrte danach nach eigenen Angaben auf die Bühne zurück, „um Geld zu verdienen“. Nach 1996 und dem Album Gone Again lieferte Patti Smith regelmäßig neue Werke ab. Auf ihrer im April 2004 erschienenen CD Trampin’ ist die Horses-Besetzung mit Lenny Kaye und Jay Dee Daugherty zu hören. Im April 2007 erschien ihr Album Twelve mit zwölf Neuaufnahmen von Rockklassikern wie Smells Like Teen Spirit der Band Nirvana und Gimme Shelter der Rolling Stones.

Die Fotografien, die sie über Jahrzehnte mit ihrer Vintage Polaroid Land 250 Sofortbildkamera aufgenommen hat, werden auf Ausstellungen weltweit gezeigt.

Auf der Berlinale 2008 wurde der Doku-Spielfilm Dream of Life (2007) über Patti Smiths Leben uraufgeführt, mit dem sie sich mehr als zehn Jahre beschäftigt hatte.

Patti Smith begegnete Papst Franziskus im April 2013 am Rande einer Generalaudienz auf dem Petersplatz. Damit löste sie ein Versprechen ein, das sie bei der Wahl des Papstes gegeben hat. 2014 trat sie im Vatikan auf und antwortete auf die Frage, warum eine Sängerin, die ihre erste Platte mit Jesus died for someone’s sins, but not mine (Jesus ist nicht für meine Sünden gestorben) beginnen ließ, vor dem Papst singt: I had a strong religious upbringing, and the first word on my first LP is Jesus. I did a lot of thinking. I’m not against Jesus, but I was 20 and I wanted to make my own mistakes and I didn’t want anyone dying for me. I stand behind that 20-year-old girl, but I have evolved. I’ll sing to my enemy! I don’t like being pinned down and I’ll do what the fuck I want, especially at my age … oh, I hope there’s no small children here! Ich bin nicht gegen Jesus, aber ich war 20 und wollte meine eigenen Fehler machen und nicht, dass irgendjemand für mich stirbt. Ich stehe hinter diesem 20-jährigen Mädchen, aber ich habe mich weiterentwickelt [...].

Für den im November 2014 erschienenen Film Die Tribute von Panem – Catching Fire nahm Smith den eigens verfassten Song Capitol Letter auf.

Im Dezember 2016 nahm Patti Smith in Stockholm in Vertretung ihres Freunds Bob Dylan den ihm verliehenen Nobelpreis für Literatur entgegen, wobei sie unter anderem Dylans Song A Hard Rain’s a-Gonna Fall vortrug. Patti Smith veröffentlichte daraufhin den Essay "How Does It Feel" im The New Yorker, in dem sie erzählt, wie sie das Stück unterbrechen musste, weil sie übervoll an Emotionen war.

2017 kaufte sie das Haus des französischen Dichters Arthur Rimbaud in Roche. Rimbaud ist in dem Ort aufgewachsen und hat dort 1873 sein Werk Eine Zeit in der Hölle verfasst. Patti Smith schreibt in ihrer Autobiographie Just Kids über Rimbaud: „Ich umarmte ihn als Landsmann ... als Verwandten, ja als heimlichen Geliebten“.

Muse

Der Schweizer Maler Franz Gertsch widmete Patti Smith einen fünfteiligen Bilderzyklus von großformatigen, fotorealistischen Porträts. Gertsch lernte Smith indirekt auf einer Vernissage seines Kölner Galeristen kennen. Hier fotografierte er sie so lange, bis sie wütend das Papier, von dem sie ein Gedicht ablas, zusammenknüllte und es ihm entgegenwarf. Die Versöhnung erfolgte durch eine spätere Einladung in sein Atelier. Dort meinte sie, dass es schon immer ihr Traum gewesen sei, einmal die Muse für einen Maler sein zu können.

Auszeichnungen

  • 2007 wurde die Musikerin in die Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland (US-Bundesstaat Ohio) aufgenommen.
  • 2010 erhielt Smith den National Book Award, den wichtigsten amerikanischen Buchpreis, in der Sparte Sachbuch. Ausgezeichnet wurde ihr Buch Just Kids.
  • 2011 wurde sie mit dem Polar Music Prize ausgezeichnet, gemeinsam mit dem Kronos Quartet.
  • 2016 verlieh ihr die Wesleyan University die Ehrendoktorwürde.
  • 2017 Grand Vermeil Médaille de la Ville de Paris
  • Der Rolling Stone listete Smith auf Rang 47 der 100 größten Musiker sowie auf Rang 83 der 100 besten Sänger und Rang 74 der 100 besten Songwriter aller Zeiten.
  • 2019 erhielt sie das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst

Werk

Bücher

  • Seventh Heaven, Gedichtband, 1972.
  • A Useless Death, New York 1972
  • Kodak, Philadelphia 1972
  • Early Morning Dream ? 1973 (limitiert auf 100 Kopien)
  • Witt, Gedichtband, 1973
  • Big Mouth, in: Sam Shepard, Angel City, Curse of the Starving Class & Other Plays, New York 1976 (zusammen mit Sam Shepard)
  • The Night, London 1976 (mit Tom Verlaine)
  • Ha! Ha! Houdini!, Gedicht, 1977.
  • Babel, Sammlung von Gedichten, Prosa, Liedtexten und Zeichnungen, 1978
  • Robert Mapplethorpe, New York 1987 (Herausgeber: Patti Smith)
  • Flowers Mapplethorpe, Boston 1990 (Herausgeber: Patti Smith)
  • Woolgathering. 1992.
    • Übers. Brigitte Jakobeit: Traumsammlerin. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013 ISBN 978-3-462-04570-3
  • Early Work, Gedichtsammlung (1970–1979), 1994
  • The Coral Sea, 1996.
  • Complete, Sammlung von Liedtexten, 1998
  • Auguries Of Innocence, Gedichtsammlung, 2005
  • Just Kids. Die Geschichte einer Freundschaft, Autobiografie, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010 ISBN 978-3-462-04228-3
  • M Train, autobiographische Texte, mit Illustrationen („A roadmap to my life“). Alfred A. Knopf, New York 2015 ISBN 978-1-101-87510-0
    • Rezension, The New York Times, 1. Okt. 2015
    • Übers. Brigitte Jakobeit: M Train. Erinnerungen. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016 ISBN 978-3-462-04863-6
  • Collected Lyrics 1970–2015. Bloomsbury, London 2015 ISBN 978-1-4088-6300-8
  • Devotion (Why I Write), Yale University Press, New Haven 2017 ISBN 978-0-300-21862-6
  • Year of the Monkey. Knopf, New York, Toronto 2019, ISBN 978-0525657682.

Filme

  • 20 Stunden mit Patti Smith. Fernsehdokumentation, Österreich, 1978, 80 Min., Regie: Rudi Dolezal.
  • Patti Smith – Dream Of Life. Dokumentation, USA, 1996–2007, 109 Min., Regie: Steven Sebring. Inhaltsangabe (PDF-Datei; 113 kB) der Berlinale 2008, Trailer, 1:41 Min. Das Schweizer Fernsehen SF1 sendete am 22. November 2009 eine deutsche Fassung (Memento vom 29. November 2009 im Internet Archive) dieser Dokumentation.
  • Film socialisme. Spielfilm, Schweiz/Frankreich, 2010, 141 Min., Regie: Jean-Luc Godard

Presse

  • Mutter der Rockmission – Patti Smiths neue Platte „Gung Ho“. In: Die Zeit, 23. März 2000, abgerufen 12. April 2010
  • Rose-Maria Gropp: Der Traum vom Leben – Patti Smith zum Sechzigsten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Dezember 2006, abgerufen 12. April 2010
  • Die Seeräuberin. In: Der Tagesspiegel, 10. Februar 2008, abgerufen 12. April 2010
  • Kommen Sie mit auf den Friedhof? Interview in: Der Tagesspiegel, 17. Februar 2008, abgerufen 12. April 2010
  • Heinz Peter Schwerfel: Rendezvous mit verlorenen Freunden. Interview in: art – Das Kunstmagazin, Ausgabe 4/2008, abgerufen 12. April 2010
  • «Ich hatte eine Mission» Patti Smith in einem Gespräch Musik, Kunst und den amerikanischen Wahlkampf. In: Neue Zürcher Zeitung, 13. Juni 2008, abgerufen 12. April 2010
  • Die Überlebende. In: Die Zeit, Magazin, 11. März 2010, abgerufen 13. März 2010
  • Nina Apin: Rimbaud im East Village. In: die tageszeitung, 13. März 2010, abgerufen 12. April 2010
  • Patin des Punk. In: EMMA, 25. März 2010, abgerufen 12. April 2010
  • Minimal Rock Vol. 1, Nr. 4/5, 25. Mar 1977, Thema: Patti Smith, edited by Robert O'Fisher, Novaggio, Switzerland.
Quelle: Wikipedia