Lee Morgan (* 10. Juli 1938 in Philadelphia, Pennsylvania; † 19. Februar 1972 in New York City, New York) war ein amerikanischer Jazz-Trompeter, der als einer der wichtigsten Exponenten des Hard Bop gilt.

Leben

Die Jazzszene seiner Geburtsstadt Philadelphia brachte in den Jugendjahren Morgans zahlreiche kreative Musiker hervor: Zu den frühen Weggefährten des Trompeters zählten Musiker wie John Coltrane, Benny Golson und die Brüder Percy, Jimmy und Albert „Tootie“ Heath. Die in Zeiten der faktischen Rassentrennung fast ausschließlich von schwarzen Schülern besuchte Mastbaum High School, die Lee Morgan besuchte, war für ihren musikpädagogischen Schwerpunkt bekannt.

Lee Morgan galt als ausgesprochenes Wunderkind, man traute ihm mit einigem Recht zu, der legitime musikalische Erbe des 1956 bei einem Autounfall umgekommenen Clifford Brown zu werden.

Tatsächlich war Morgan schon mit 18 Jahren prominentes Mitglied der Big Band von Dizzy Gillespie. Bei einem Konzert der Gillespie-Band wurden Alfred Lion und Francis Wolff, die Besitzer des aufstrebenden Plattenlabels Blue Note Records, auf den jungen Virtuosen aufmerksam und nahmen ihn unmittelbar darauf unter Vertrag.

1958 verließ Morgan Gillespies Band, um sich den Jazz Messengers von Art Blakey anzuschließen. Die Messengers-Besetzung mit Morgan wird allgemein zu den besten in der über dreißigjährigen Geschichte dieses stilbildenden Ensembles gerechnet, und mit Sicherheit stammt eines der bekanntesten Solos der Bandgeschichte von Morgan: am 30. Oktober 1958 spielten die Messengers die Studio-Version von Bobby Timmons’ Komposition Moanin’ ein (Titelsong von Blue Note 84003). Morgans Solo wurde in seiner kompromisslosen Eindringlichkeit mit dem epochemachenden, fast genau 30 Jahre älteren West End Blues von Louis Armstrong verglichen.

The power of badness

David H. Rosenthal zieht in seiner Analyse des Morganschen Trompetenstils allerdings eine noch erhellendere Parallele, indem er diese Spielweise als instrumentales Äquivalent zum Gesang der seinerzeitigen Soul-Größen, vor allem James Brown, interpretiert: „… he had honed his time and timbre to razor sharpness …“. Auf Fotos erkennt man noch heute klar Morgans Selbstinszenierung, die in der Tat mit den Worten James Browns am treffendsten ausgedrückt wird: Mr. Super Bad.

Wie so viele junge Jazzmusiker jener Jahre verfiel auch Morgan der Heroinsucht, von der er sich bis zu seinem Lebensende trotz vieler Entziehungsversuche nie vollständig befreien konnte. 1961 musste er deswegen für zwei Jahre aus Blakeys Band aussteigen und wurde dort durch den jungen Freddie Hubbard ersetzt. Für zwei Jahre schien Morgans Karriere auf dem absteigenden Ast – er musste New York verlassen und sich in seine Heimatstadt Philadelphia zurückziehen.

Kommerzieller Erfolg

1963 kehrte Morgan nach New York zurück und stieg für kurze Zeit wieder bei den Messengers ein (1964/1965), mit denen er auch in Deutschland tourte. Von besonderer Tragweite erwies sich aber die Einspielung von The Sidewinder, wiederum bei Blue Note im selben Jahr. Von den insgesamt 25 LPs, die er unter seinem Namen für das Label einspielte, sollte allein das Titelstück dieses Albums Morgans Erfolg bei einem breiten Publikum begründen. Sidewinder ist ein eingängiges, prägnant rhythmisiertes Blues-Thema, das vor allem durch den damals populären Boogaloo-Rhythmus ganz im Trend des frühen Funk der 1960er Jahre lag. Auch hier bietet sich wieder die Parallele zu James Brown und dessen (etwas späteren) Stücken I Feel Good oder Papa’s Got A Brand New Bag an. Für eine Jazz-Aufnahme ausgesprochen ungewöhnlich, wurde Sidewinder sogar das Maximum des kommerziellen Erfolgs zuteil, als der Autohersteller Chrysler das Stück 1965 in einem Fernseh-Werbespot einsetzte.

Die letzten Jahre

Zwar konnte Morgan den Erfolg von Sidewinder trotz mehrerer Versuche (Cornbread, The Rumproller) nicht wiederholen, doch profitierte er im Großen und Ganzen von seiner nunmehr gewonnenen Popularität. Es gelang ihm, mit seinem zusehends abstrakteren, modal orientierten Avantgarde-Hard Bop eine verhältnismäßig große Zuhörerschaft anzusprechen.

Er nutzte diese relative Breitenwirkung, um sich im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung als einer der führenden Köpfe des Jazz and People’s Movement zu engagieren. Dagegen war er außerstande, seine privaten Drogen- und Beziehungsprobleme dauerhaft in den Griff zu bekommen. Während eines Eifersuchtsdramas erschoss ihn seine Frau Helen Morgan am 19. Februar 1972 bei einem Auftritt im New Yorker Jazzclub Slug’s.

Morgans tragische Lebensgeschichte wird im 2016 erschienenen Dokumentarfilm I Called Him Morgan vom schwedischen Regisseur Kasper Collin mit Hilfe von Found Footage sowie neuen Interviews nacherzählt.

Sammlung

  • The Complete Blue Note Lee Morgan Fifties Sessions – (1956/57) (Mosaic, 1995) – 6 LPs oder 4 CDs mit Clarence Sharpe as, Horace Silver, Wilbur Ware, Philly Joe Jones, Kenny Rodgers as, Hank Mobley, Paul Chambers, Charlie Persip, Gigi Gryce, Benny Golson, Wynton Kelly, Curtis Fuller, George Coleman, Ray Bryant, Art Taylor, Pepper Adams, Bobby Timmons, Sonny Clark, Doug Watkins
Quelle: Wikipedia