Keith Jarrett (* 8. Mai 1945 in Allentown, Pennsylvania) ist ein US-amerikanischer Pianist, der sowohl Jazz als auch klassische Stücke spielt.

Jarretts Spiel war vor allem in den siebziger Jahren durch weit ausgreifende Soloimprovisationen gekennzeichnet, die in ungewöhnlich umfangreichen Livemitschnitten dokumentiert sind (u. a. Solo Concerts Bremen/Lausanne, The Köln Concert, Sun Bear Concerts).

Leben und Werk

Keith Jarrett ist der älteste von fünf Söhnen einer christlich geprägten Familie. Er hatte seit dem dritten Lebensjahr Klavierunterricht und stand als Siebenjähriger zum ersten Mal auf der Bühne. Als „Wunderkind“ spielte er weitere Konzerte. Seine Mutter und er schlugen ein Angebot zur Ausbildung bei Nadia Boulanger in Paris aus. Jarrett verbrachte ein Jahr am Berklee College of Music in Boston, dem er aber – außerordentlich begabt und spieltechnisch versiert – wenig abgewinnen konnte. Schon zuvor begann er als Barpianist seine Laufbahn als Live-Musiker.

Ab 1963 spielte er für längere Zeit mit Art Blakey zusammen. 1966 engagierte ihn der Saxofonist Charles Lloyd für seine Band, mit der er mehrere Europatourneen und auch Auftritte beim Monterey Jazz Festival und im Fillmore West absolvierte. Mitte 1968 gründete er mit dem Bassisten Charlie Haden und dem Schlagzeuger Paul Motian ein eigenes Trio, das er von 1971 bis 1976 um den Saxofonisten Dewey Redman ergänzte, dass so genannte amerikanische Quartett.

Der Durchbruch jedoch gelang Jarrett als Mitglied der Jazzrockformationen von Miles Davis, wo er zwischen 1969 und 1971 vor allem E-Piano und Orgel spielte. Erst im Anschluss trat er auch als Solokünstler auf und spielte Soloplatten ein. Bis zum Jahr 1975 spielte er rund 50 Solo-Konzerte in aller Welt. Aufnahmen wie Solo Concerts Bremen/Lausanne (1974) und The Köln Concert (1975) dokumentieren dies. Die Aufnahmen von fünf Solo-Auftritten in Japan vor 40.000 Zuhörern wurden 1978 unter dem Titel Sun Bear Concerts in einer Kassette mit zehn LPs veröffentlicht.

Ungefähr zur gleichen Zeit brachte ihn sein Produzent Manfred Eicher zu Projekten wie seinem sogenannten Europäischen Quartett mit dem Saxofonisten Jan Garbarek und der aus Palle Danielsson und Jon Christensen bestehenden Rhythmusgruppe (Belonging, 1974, My Song, 1978). Während der frühen 1970er Jahre arbeitete Jarrett aber auch mit anderen Musikern wie Freddie Hubbard, Airto Moreira, Kenny Wheeler (Gnu High, 1975) und Charlie Haden (Closeness) zusammen.

Neben den Aktivitäten im Konzertsaal begann Jarrett auch, sich für klassische Musik und im Jazz unübliche Instrumente zu interessieren. Die Alben Hymns, Spheres (1976) und Invocations – Moth and the Flame (1979) entstanden an der Riepp-Kirchenorgel in Ottobeuren, die Aufnahme In the Light brachte ihn 1973 mit dem Südfunk-Sinfonieorchester zusammen, Book of Ways (1986) präsentierte ihn am Clavichord; die während der folgenden Jahre entstandenen, mehrfach preisgekrönten, bei der Kritik umstrittenen Einspielungen von Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen (1989) und seines Wohltemperierten Klaviers (1987/90) spielte er zum Teil auf dem Cembalo.

Zu Beginn der 1980er Jahre, nach einer ersten großen persönlichen Krise, belebte er mit der 1983 einsetzenden Serie von Standards-Einspielungen das Broadway- und Tin-Pan-Alley-Repertoire wieder und gab im Trio mit Gary Peacock am Kontrabass und Jack DeJohnette am Schlagzeug auch dem Klaviertrio-Format neue Impulse. Seitdem folgten zahlreiche, überwiegend live aufgenommene Einspielungen dieser Gruppe, wobei die Schallplattenfirma allerdings auf eine abwechselnde Veröffentlichung mit Solo-Darbietungen (aus Paris 1988, Wien 1991 und Mailand 1995) achtete.

Jarrett litt seit Mitte der 1990er Jahre am chronischen Erschöpfungssyndrom. Erst 1998 konnte er wieder mit dem Klavierspiel beginnen. Nach der Genesung nahm er das Solo-Album The Melody at Night, with You auf, das zunächst nur ein privates Weihnachtsgeschenk für seine zweite Frau Rose Anne war. In einem Interview äußerte Jarrett, jedes Solokonzert sei für ihn etwas ganz Besonderes, weil ihm diese Krankheit klargemacht habe, dass jedes Konzert sein letztes sein könnte. Das höre man auch seiner Musik an. Er gebe sich sichtlich Mühe, bei seinen neuen Konzerten vollkommen zu spielen und nicht mehr „einfach drauflos“ wie bei seinen berühmten Aufnahmen aus den 80er Jahren.

Außerdem setzte er seine internationale Konzerttätigkeit mit seinem Trio fort. Zu seinen wichtigsten Aufnahmen der neuesten Zeit gehören Always Let Me Go (2001), Up for It (2002) und die Solo-Doppel-CD Radiance (2005).

Die Musik von Keith Jarrett ist, wie er in einem Fernsehinterview 2005 berichtete, geprägt durch die Philosophie und Lehre Georges I. Gurdjieffs, dessen Sacred Hymns (ECM) er bereits 1980 veröffentlichte, sowie durch die Beschäftigung mit verschiedenen außermusikalischen Themenbereichen.

Privates

Jarrett lebt in einem Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert in Oxford Township (New Jersey) im ländlichen Warren County. Er nutzt eine umgebaute Scheune auf seinem Grundstück als Übungsraum und Aufnahmestudio.

Im Jahr 1964 heiratete Jarrett Margot Erney, eine High-School-Freundin aus Emmaus, mit der er in Boston zusammen war. Das Paar hatte zwei Söhne, Gabriel und Noah. Die Ehe wurde im Jahr 1979 geschieden. Von 1980 bis 2010 war er mit Rose Anne (geb. Colavito) verheiratet. Seitdem ist die Japanerin Akiko seine Frau.

Jarrett hat vier jüngere Brüder, von denen zwei auch Musiker sind; Chris Jarrett ist ebenfalls Pianist und lebt in Deutschland. Sein Bruder Scott Jarrett ist als Singer-Songwriter und Produzent tätig.

Von den Söhnen aus seiner ersten Ehe ist Noah Jarrett Bassist und Komponist und Gabriel Schlagzeuger.

Wirkung

Keith Jarrett gehört zu den erfolgreichsten und stilprägenden Musikern der vergangenen vier Jahrzehnte und hat vor allem durch seine frühen Solo-Konzerte maßgeblich die Vorstellung vieler Menschen von zeitgenössischer Improvisation beeinflusst. Dabei baute er ein leicht verständliches, transparentes Prinzip des freien Flusses motivisch geprägter Improvisationen aus und kultivierte es. Der große Durchbruch kam 1975 schlagartig mit der Veröffentlichung seines legendären, eigentlich unter unglücklichen Umständen stattfindenden The Köln Concert, das von der damals achtzehnjährigen Konzertveranstalterin Vera Brandes organisiert wurde. Bei Kritikern und beim Publikum war das Köln Concert ein großer Erfolg. Die Platte bekam den Preis der Deutschen Phono-Akademie und wurde vom Time Magazine zu einer der „Records of the Year“ gewählt. Die Verkaufszahlen liegen bei rund 3,5 Millionen verkaufter CDs und Schallplatten. Die Platte mit ihrem markanten weißen Cover war in vielen Haushalten zu sehen und „zierte die Plattenschränke jener Zeit wie die Poster von Che Guevara in Studentenbuden ein Jahrzehnt zuvor.“ Es ist nach wie vor Jarretts bekannteste Plattenaufnahme.

Auszeichnungen

2002 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 2003 erhielt Jarrett den Polar Music Prize, 2004 wurde er mit dem Léonie-Sonning-Musikpreis ausgezeichnet. 2008 wurde er in die Down Beat Hall of Fame aufgenommen. 2014 erhielt er mit der NEA Jazz Masters Fellowship die höchste amerikanische Auszeichnung für Jazzmusiker.

Filmdokumentation

  • Keith Jarrett – Der amerikanische Jazzpianist im Porträt. 2007, 30 Min., Buch und Regie: Frank Zervos und Ekkehard Wetzel, Produktion: ZDFdokukanal
  • DVD „Standards I / II“ Recorded Live 1985 und 1986 in Tokyo. 22 Standards auf 2 DVDs. 210 Minuten. Color 4:3. ECM Records 2008
Quelle: Wikipedia